Gundolfs Bibliothek

Zehnt

Es handelt sich um eine jährliche Abgabe von – ursprünglich – zehn Prozent der geernteten Früchte sowie des geschlachteten Viehs. Diese Abgabe wird bereits im Alten Testament der Bibel erwähnt und wurde seit der Etablierung des Volkes Israel in Palästina an die Priester und Leviten gezahlt. Der Grund dafür war die Tatsache, dass diese Personen ihr ganzes Dasein ausschließlich dem geistlichen Dienst verschrieben hatten und deshalb ihren Bedarf an Nahrungsmitteln nicht aus eigenem Ackerbau oder Viehzucht decken konnten. Sie wurden deshalb durch das Volk Israel auf diese Weise ernährt.

Im Mittelalter war es aus denselben Gründen zunächst weiterhin eine Abgabe an die örtliche Geistlichkeit. Mit dem Entstehen rein weltlicher Herrschaftsgebiete wurde der Zehnt aber auf die weltlichen Herren ausgedehnt.

Auch die weltlichen Herren bestellten nicht selbst den Acker oder züchteten das Vieh zum Eigenbedarf nicht selbst, sondern waren mit ihrer Aufgabe ausgelastet, den Bauern durch ihre Waffen Schutz zu geben und nicht in der Lage, ihren Nahrungsbedarf durch Anbau oder Zucht selbst herzustellen. Insbesondere in weltlichen Herrschaften hatte der Bauer den Zehnt sowohl an die örtliche Geistlichkeit als auch an den weltlichen Herrn abzuliefern, also mindestens zwanzig Prozent seines Ertrags herzugeben.

Da der Ertrag vom Erfolg der Ernte und der Viehzucht abhing, konnte durch Missernten infolge von Wettereinflüssen der Zehnt ebenfalls unterschiedlich groß ausfallen. Für die empfangsberechtigten geistlichen und weltlichen Herren folgte daraus, dass die Menge der bäuerlichen Abgaben nicht genau planbar war. Sie forderten schließlich feste Mengen von Schlachtvieh und Feldfrüchten, um die Ernährung ihrer Haushalte sicherzustellen. Ab diesem Zeitpunkt galt zwar noch die Bezeichnung Zehnt, die wörtliche Bedeutung von zehn Prozent des bäuerlichen Ertrags ging jedoch verloren. Die Bauern erbrachten teilweise einen „Zehnt“ von bis zu dreißig Prozent ihres Ertrags – ganz abgesehen von den zusätzlichen Arbeiten, die für den Grundherrn zu leisten waren, den so genannten Fronarbeiten, auch Hand- und Spanndienste genannt.

Grundsätzlich galt diese Abgabe für die Bauern. Da aber auch Handwerker (wie hier Balian) und Händler mindestens nebenbei Landwirtschaft zur Eigenversorgung betrieben, hatten sie ebenfalls entsprechende Abgaben zu leisten. Bei Handwerkern und Händlern konnte es vorkommen, dass der Zehnt nicht nur in Naturalien, sondern auch in Geld gefordert wurde – die Geburt der Steuern …

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