Martin von Wengland (- Wirren des Krieges)
Prolog
Man schrieb den 2. Dezember 1202. Aus dem Burgtor der Fürstenburg von Dominiksburg ritt im ersten Tageslicht ein einsamer Reiter, der einen roten Wappenrock mit grünem Rand trug, in dessen Mitte eine goldene Lilie die breite Brust schmückte. Der Schild des Reiters, der an der Schildfessel über dem dunkelgrünen Umhang auf dem Rücken des Ritters hing, zeigte ein rotes, grün gerändertes Feld mit einer einzelnen schwebenden goldenen Lilie. Seit fast zwei Jahren hatte dieses Wappen niemand mehr in den Verborgenen Landen gesehen. Es gehörte zu Prinz Martin von Wengland, dem älteren Sohn des Königs Rudolf von Wengland, Graf von Steinburg und Thronfolger des Königreichs Wengland.
Im April 1201 war der Prinz mit einem Kontingent von etwa sechshundert Steinburger Rittern und Reisigen nach Venedig aufgebrochen, um auf Befehl seines Vaters am Kreuzzug teilzunehmen, zu dem der Papst schon 1198 aufgerufen hatte. Die Steinburger waren nicht allein nach Venedig gezogen. Eine gut achthundert Männer zählende Truppe aus der Grafschaft Hirschfeld unter dem Kommando von Martins Onkel Roland von Hirschfeld sowie weitere fünfhundert Ritter und Soldaten aus den anderen zehn Grafschaften Wenglands waren mit ihnen gereist.
In Venedig hatten sie zunächst warten müssen, denn die Schiffe, die in päpstlichem Auftrag vom venezianischen Arsenal gebaut worden waren, waren erst Ende Juni 1202 fertig gewesen. Dann hatte sich erwiesen, dass trotz der verlängerten Wartezeit und dem steten Werben des Predigers Fulko von Neuilly in den christlichen Landen Europas gerade einmal ein Drittel der erwarteten gut dreißigtausend Kreuzfahrer gekommen war. Einschließlich der etwa zweitausend Wengländer waren es nur zwölftausend gewesen. Venedig, das die Schiffe zunächst auf eigene Kosten gebaut hatte, hatte der Staatsbankrott gedroht, wenn nicht die volle vereinbarte Summe von 85.000 Kölnischen Mark Silber gezahlt wurde. Der Doge Enrico Dandolo verlangte also genau dies. Die Kreuzritter hatten im Schnitt mit zweieinhalb Mark Silber an Transportkosten gerechnet, das Leben in den Heerlagern um Venedig hatte ihre darüber hinaus vorhandenen Geldmittel weitgehend aufgezehrt. Keiner von ihnen hätte es sich leisten können, nun praktisch die dreifache Summe zu bezahlen.
Zweieinhalb Kölnische Mark Silber entsprachen 18 Wenglischen Gulden in Silber oder 1 ½ Goldgulden. Mithin wären dreitausend Gulden für die Überfahrt aller zweitausend Männer fällig gewesen. Martin und Roland hatten von König Rudolf fünftausend Goldgulden mitbekommen, mit denen sie sowohl den Unterhalt ihrer Männer als auch die Überfahrt hatten bezahlen sollen. Insofern überstieg die geforderte Summe die pekuniären Möglichkeiten bei weitem, selbst wenn sie die Summe für den Unterhalt der Truppe durch den Aufenthalt bei Markgraf Bonifatius von Monferrat längst nicht ausgegeben hatten.
Ein letzter Versuch, von Genua oder Pisa aus ins Heilige Land zu gelangen, war daran gescheitert, dass Genuesen und Pisaner es den Wengländern übelgenommen hatten, zunächst mit den Venezianern im Geschäft gewesen zu sein, aber auch an dem Umstand, dass beide Städte wieder einmal Krieg gegeneinander führten und schon deshalb nicht in der Lage gewesen waren, Schiffe in den Orient zu schicken.
Ende Oktober 1202, als endgültig feststand, dass die Kreuzfahrer zunächst das christliche Zara angreifen würden, um es zu Tributzahlungen an Venedig zu bewegen, waren die Wengländer umgekehrt, hatten nach einem Wintereinbruch Anfang November 1202 in Sankt Michael in der Grafschaft Eppan südwestlich von Bozen bleiben müssen, wo Martin auch seinen 22. Geburtstag gefeiert hatte.
Erst am 20. November hatten sie weiterziehen können, waren durch den Vintschgau nach Sankt Maria im Münstertal gekommen, wo schon Martins Ahn Philipp gerastet hatte. Von dort hatte er einen Boten nach Stolzenfels vorausgesandt, um seiner Verlobten, Prinzessin Regina von Scharfenburg mitzuteilen, dass er heimkam und sie nun endlich heiraten wollte.
Es hatten genügend Steine auf ihrem Weg zum Traualtar herumgelegen: Zuerst hatte Markgraf Richard von Rebmark die Grafen Scharfenburgs gegen Martin als Ausländer aufgewiegelt und ein Turnier um die Hand der Prinzessin initiiert. Bei dem Turnier hatte er die übrigen Bewerber betrogen, indem er ihnen die eigenen Dolche hatte entwenden und in die Turnierwäsche hatte stecken lassen. Martin hatte sich daran in die Schwerthand geschnitten, Graf Niklaus von Thannburg hatte sich tödliche Verletzungen im Unterleib zugezogen, als er die mit seinem Dolch präparierte Bruche angezogen hatte. Richard war nur deshalb ungeschoren geblieben, weil unmittelbar nach seinem manipulierten Sieg über Martin ein Bote aus Dunkelfels eingetroffen war, der die Kunde überbracht hatte, dass Dunkelfels von Wilzaren überrannt worden war. Herzog Ludwig hatte alle seine Grafen gebraucht, um der Bedrohung aus dem Süden Herr zu werden, weshalb er gegen Richard nicht so hatte vorgehen können, wie er eigentlich gewollt hatte.
Weil in Dunkelfels gleich drei enge Verwandte des Herzogshauses gefallen waren, hatte das Trauerjahr für diese Verwandten verhindert, dass Martin und Regina ihre Verlobung bekanntgeben konnten. Im Juni 1200 hatten sie sich schließlich verloben können, doch war da bereits der Aufruf zum Kreuzzug erfolgt. Martin und Roland hatten auf Befehl König Rudolfs gleich nach Ostern 1201 aufbrechen müssen, so dass Martin seine Heiratspläne bis nach dem Kreuzzug hatte aufschieben müssen.
Martin hatte deshalb die Absicht, Regina in Scharfenburg abzuholen und mit ihr zusammen nach Steinburg zurückzukehren – damit auf keinen Fall weitere Steine die längst überfällige Hochzeit verhinderten.
Martins Bote war am 27. November, zwei Tage vor dem verhinderten Kreuzfahrerheer in Dominiksburg, dem Hauptort des Fürstentums Breitenstein eingetroffen, von dort am folgenden Tag nach Scharfenburg weitergereist, aber nicht zurückgekehrt.
Stattdessen hatte Martin am 1. Dezember eine Nachricht mit dem Siegel des Grafen von Falkenstein erhalten, dass der Bote am Alvedra tödlich verunglückt war, die Botschaft aber gefunden und an die Prinzessin weitergeleitet worden war, die ihn nun auf diesem Weg bat, sich mit ihr auf Burg Falkenstein zu treffen.
Roland und Heermeister Bertram von Ermeldorf hatten versucht, ihm auszureden, allein nach Falkenstein zu reiten. Doch seine Sehnsucht nach der geliebten Frau war zu groß – und die Aussicht, sie auf Falkenstein zu treffen, abseits vom Stolzenfelser oder Steinburger Hof, hatte ihn zusätzlich beflügelt. Graf Alwin hatte den Verliebten schon einmal die Möglichkeit zu einigen Tagen ungetrübten Liebesglücks ermöglicht – fast genau zwei Jahre zuvor, im Januar 1201.
Der junge Prinz hatte deshalb zu Heimlichkeit gegriffen und war im Morgengrauen dieses 2. Dezember 1202 aufgebrochen ohne seinen Onkel Roland oder Heermeister Bertram zu informieren …
Während Martin bereits den Weg zum Quartenpass hinaufritt, weil ihm ein Bauer gesagt hatte, dass der Palparuvapass nach Scharfenburg zugeschneit war, wollte Roland von Hirschfeld seinen Neffen an diesem Morgen zum Frühstück holen, nachdem er nicht erschien. Er fand nur noch einen kurzen Brief vor:
Ich bin auf dem Weg nach Falkenstein. Warte nicht auf mich. Führe meine Männer nach Hause. Ich komme mit Regina nach Steinburg nach.
Martin
„Dieser Lausebengel!“, entfuhr es ihm.
„Was ist?“, erkundigte sich Bertram, der dem Grafen gefolgt war.
„Er ist weg! Nach Falkenstein! So, wie ich meinen Neffen kenne, ist er schon mit dem ersten Tageslicht fortgeritten. Er ist vor Stunden weg. Den holen wir nicht mehr ein“, seufzte Roland. „Wir brechen nach Steinburg auf.“
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Kapitel 1
Überfall im Wald
Der niedrigere Quartenpass führte Martin zunächst nach Wengland. In der Mitte des sechs Meilen langen Passes standen zwei steinerne Pfähle mit quadratischem Querschnitt und pyramidenförmigem Kopf. Der am rechten Wegrand war schräge rot und gelb bemalt und trug unter der Pyramidenspitze in Kopfhöhe eines Reiters auf der West- und der Ostseite je ein aus Zinn gegossenes Schild, das durch eine erhabene Rose unter den ebenfalls erhabenen Buchstaben BREITEN und über STEIN anzeigte, dass dieser Pfahl die Landesgrenze Breitensteins war. Der einige Spannen nach Osten versetzte Pfahl am linken Wegrand war schräge grün und rot bemalt, die Zinnschilder auf West- und Ostseite zeigten eine einzelne erhabene Lilie zwischen den erhabenen Buchstaben WENG und LAND. Er markierte die Westgrenze Wenglands. In den Felsgrund zwischen den beiden Pfählen war eine leidlich gerade Linie quer über den Weg gemeißelt, die die tatsächliche Grenze zwischen beiden Ländern war.
„Wir sind zu Hause, Rufus“, brummte Martin in den dicken Lodenumhang, als sein Pferd die vom Wind immer wieder freigelegte Grenzlinie überschritt.
In den winterlichen Verhältnissen auf dem Pass war weit und breit kein Grenzwächter zu sehen. Ein deftiger Schneesturm, der von Osten her durch den Pass pfiff, verhinderte zudem, dass die Passstraße von der Grenzfeste Palparuva beobachtet werden konnte. Trotz des eisigen Windes, der ihm und seinem treuen Hengst Rufus die Wärme aus dem Blut zu pressen schien, machte er keine Anstalten, zur Burg zu reiten. Er fürchtete, dass sein Onkel oder der Heermeister den Grenzwächterposten per Brieftaube alarmieren würden und man ihn dort festhalten würde, bis die Kreuzfahrertruppen eintrafen.
Er bog deshalb gleich nach dem Pass nach rechts ab, um den unmittelbar südlich der Burg gelegenen Palparuvasee an dessen Südufer zu passieren. Im Wald dahinter würde es auch wieder wärmer werden, wie es auch mit jedem Klafter, den er dem Palparuva-Bach bergabwärts zum Alvedra folgte, wärmer werden würde.
Als es dunkel wurde, war er bereits so weit vom Pass entfernt, dass Rufus seit zwei oder drei Stunden keinen Schnee mehr unter den Hufen hatte. Auf einem kleinen Plateau hielt Martin an, gab seinem Hengst aus dem Hafersack zu fressen und ließ ihn aus dem Bach saufen, bis er genug hatte. Er sammelte einige trockene Äste, schichtete sie auf, umlegte sie mit einem dichten Ring aus Steinen und Sand und machte ein kleines Feuer, das gerade ausreichte, um ihn und sein Pferd ein wenig aufzuwärmen.
„An der Palparuvamündung ist ein Gasthaus, mein Großer. Da können wir uns wieder richtig aufwärmen“, sagte der junge Mann und kraulte seinem Rappen die weichen Nüstern. „Heute Nacht muss das erst einmal reichen, sonst fängt Onkel Roland uns doch noch wieder ab. Und ich habe wirklich gar keine Lust, noch länger auf meine Regina zu verzichten. Ich hoffe, du verstehst das …“
Rufus schnaubte und stieß seinen Herrn zutraulich an.
Etwa zur gleichen Zeit, als Martin sich im Wald sein kleines Lagerfeuer machte, kam das Expeditionsheer in der Grenzfeste Palparuva an.
„Ist Prinz Martin hier?“, fragte Roland den Burgvogt besorgt.
„Nein, Mylord. Aber … ist er denn nicht mit Euch unterwegs gewesen?“
„Gewiss war er das. Aber er hat sich heute Morgen in aller Frühe heimlich davongeschlichen, um nach Falkenstein zu reiten“, erwiderte der Graf von Hirschfeld.
„Nach Falkenstein? Welcher Wahnsinn treibt ihn dort allein hin, Mylord? Wir haben Krieg mit Scharfenburg!“
„Was?“, keuchten Roland und Bertram wie aus einem Mund.
„Krieg, Mylords. Wenn die Scharfenburger …“
„Wieso habt Ihr Martin dann nicht aufgehalten?“, fuhr Bertram den Burgvogt an.
„Wäre er in die Feste gekommen, hätte ich das getan. Aber er hat sich hier nicht gemeldet“, erwiderte der.
„Schöner Grenzposten! Bemerkt einen einzelnen Reiter nicht! Was seid Ihr eigentlich für Grenzwächter?“, fauchte Bertram. Roland hielt ihn fest, bevor er dem Burgvogt an den Hals gehen konnte.
„Bertram! Beruhigt Euch!“, mahnte er. „Wieso habt Ihr ihn nicht bemerkt?“, wandte er sich an den Vogt.
„Es hat heute den ganzen Tag Schneesturm gegeben, Mylord“, erwiderte der Vogt. „Da kann ich meine Männer nicht draußen auf den Posten lassen, wenn ich sie lebend wiedersehen will – und so ein Schneesturm nimmt die Sicht auf die Passstraße.“
„Das erklärt auch, weshalb wir nicht einmal Spuren von ihm gesehen haben“, knurrte Bertram. „Und bei der Dunkelheit jetzt können wir den Weg den Palparuva hinunter nicht sehen. Es ist zum Auswachsen!“
„Wie groß ist die Chance, dass wir ihn noch abfangen können, bevor er die Grenze nach Scharfenburg erreicht?“, fragte der Hirschfelder Graf. Der Burgvogt schüttelte den Kopf.
„Das geht nicht, Mylord. Ein einzelner Reiter ist oft erheblich schneller als ein ganzes Heer. Und nach Scharfenburg könnt Ihr ihm nicht folgen.“
„Wieso nicht? Wir sind zweitausend Männer. Die sollten doch wohl ausreichen, um Martin zu befreien“, bemerkte Bertram.
„Wohin wollte der Prinz genau?“, fragte der Vogt.
„Nach Falkenstein.“
„Wenn sie ihn dort gefangen nehmen – und das nehme ich an – werden die Scharfenburger ihn keinesfalls dort lassen. Man würde ihn nach Stolzenfels schaffen oder gar in die Rebmark. Dorthin führt nur ein einziger Zugang, der stets scharf bewacht wird. Der Rabenpass ist uneinnehmbar“, warnte der Burgvogt.
Roland nickte. Er hatte einschlägige Erfahrungen was die Geschwindigkeit einer Gruppe oder eines Einzelnen betraf …
„Und dann habe ich das hier bekommen, Mylords“, ergänzte der Burgvogt und zeigte Roland und Bertram einen Erlass mit dem königlichen Siegel, dass alle Truppen Wenglands auf die wenglische Seite des Alvedra zurückzukehren hatten und den Fluss erst wieder überqueren durften, wenn ein entsprechender Befehl aus Steinburg kam.
„Ich werde mit meinen Ibelinern den Palparuva hinunter reiten und hoffen, dass wir Martin noch vor der Grenze finden“, sagte er. „Ihr zieht mit dem Heer auf dem schnellsten Weg nach Steinburg“, wies er Bertram an.
„Dann lasst mich nach dem Prinzen suchen, Mylord!“, beschwor Bertram ihn. „Ich kenne die Gegend hier wie meine Satteltasche. Ihr wart dort noch nicht.“
Dem Argument hatte Martins Onkel nicht einmal etwas entgegenzusetzen. Er kannte die Gegend nicht.
„Gut. Dann sucht Ihr nach Martin, ich führe die Männer weiter in Richtung Steinburg“, sagte er schließlich. Er wandte sich erneut an den Burgvogt:
„Martin hatte einen Boten vorausgesandt. Ist der bei Euch gewesen?“
„Ja, ein Bote war hier“, erwiderte der Vogt. „Er hat mir aber nicht gesagt, was sein Ziel war. Ich habe natürlich angenommen, Ihr hättet ihn nach Steinburg vorausgesandt, um Eure Ankunft anzukündigen. Deshalb gab es keinen Grund, ihn nicht weiterziehen zu lassen.“
„Und ein Bote aus Scharfenburg? War der hier?“
Der Burgvogt schüttelte den Kopf.
„Nein. Es gibt aber noch einen anderen Pass hier, den Palparuvapass. Er gehört schon zu Scharfenburg und liegt etwa dreißig Meilen nordwestlich von hier. Wenn Euer Bote nach Scharfenburg unterwegs war, halte ich es für möglich, dass er abgefangen wurde. Die Scharfenburger wissen, dass wir keinen von ihnen hier durchlassen. Wir könnten es schließlich nicht zulassen, dass sie jetzt noch Breitenstein gegen uns aufhetzen. Wenn Prinz Martin nach einer Botschaft aus Scharfenburg sich dorthin gewandt hat, dann ist der Bote über den Palparuvapass geritten.“
Am folgenden Tag machte Martin sich schon im ersten Licht wieder auf den Weg. Viel geschlafen hatte er in der kalten Nacht nicht. Auch Rufus wirkte recht verfroren. Nur langsam stieg der Hengst den Weg hinunter, als Martin seine wenigen mitgenommenen Habseligkeiten in den Satteltaschen verstaut hatte und wieder in den Sattel gestiegen war. Er ließ dem Pferd die Zeit, die es brauchte, um dem abschüssigen Pfad mit sicheren Tritten zu folgen. Rufus fand die nötige Sicherheit und trug seinen Herrn sicher den Bergweg hinunter. Vom Fuß des Krähenwaldes, aus dem der Palparuva-Bach zum Alvedra herunterfloss, mochten es noch gute zwanzig Meilen bis zur Mündung sein, an der Martin auf der scharfenburgischen Seite in dem Dorf Heinrichsmühl ein Gasthaus wusste. Zehn Meilen östlich von Dorf und Gasthaus erhob sich Burg Falkenstein auf dem südlichen Ende eines aus dem zu den Rebmärker Alpen gehörenden Turotgebirge nach Süden hervorspringenden, etwa zehn Meilen langen Bergsporns.
Doch auf der Hälfte des am Bach entlangführenden Weges stieß der einsame Reiter auf ein dichtes Knäuel kreuz und quer über dem Weg liegender Bäume, die ein Durchkommen auf diesem Weg unmöglich machten. Allein hatte der Prinz auch keine Chance, zwanzig bis dreißig Klafter lange Baumstämme aus dem Weg zu schaffen.
„Dann müssen wir wohl umkehren, mein Großer“, seufzte Martin. Er wendete Rufus und trieb ihn den Weg wieder hinauf bis zum nächsten größeren Absatz. Dort hatte er einen Wegweiser gesehen, der den Weg nach Krähenfurt, Spatzenberg und Wasserhofen bezeichnete. Auf der scharfenburgischen Seite des Alvedra gab es in Wasserhofen ebenfalls ein Gasthaus, zudem hatte das Dorf Krähenfurt auf der wenglischen Seite seinen Namen von der Furt, die dort die Überquerung des Grenzflusses ermöglichte.
Der Weg führte durch den Bergwald in östlicher Richtung an einem Hochplateau vorbei, dem die Burg Falkenstein gegenüberlag. Im Novembernebel war die Burg jenseits des Alvedra jedoch unsichtbar.
Als der Prinz aus den Höhen des Krähenwaldes in das Alvedratal hinunterkam, sah er, dass am anderen Flussufer von einem nur schemenhaft erkennbaren Gebäude Rauch aufstieg. Je näher Martin kam, desto deutlicher wurde, dass das Gasthaus nicht mehr existierte. Nur noch rauchende Trümmer zeugten davon, dass dort einmal das Wasserhofener Gasthaus Zum singenden Schwan gestanden hatte, dessen Wirt auch Braurecht hatte und es fertiggebracht hatte, den Gastungszwang – die Bewirtung durchreisender Adliger auf eigene Kosten – in ein Gastungsrecht – die Bewirtung auf Kosten des Gastes – umzuwandeln. Einen Moment hatte der Prinz den Gedanken, dass wohl ein zorniger Adliger der Bezahlung der Zeche mit Brandstiftung hatte entgehen wollen. Doch je näher er kam, desto klarer wurde, dass nicht nur das Gasthaus niedergebrannt war, sondern das ganze kleine Dorf! Und das auf der wenglischen Seite gelegene Dorf Krähenfurt wirkte verlassen. Obwohl die Furt aus Martins Richtung vor dem wenglischen Dorf war, ritt er die Viertelmeile weiter und fand am Dorfeingang einen von Wind und Wetter zerfetzten Anschlag, an dem gerade noch das anhängende Siegel erkennbar war – das Siegel der königlichen Hofkanzlei Wenglands. Auch wenn von dem Anschlag kein Wort mehr lesbar war, so bewies das Siegel dennoch, dass das Dorf auf königlichen Befehl geräumt worden war.
„Du meine Güte! Was ist denn hier passiert?“, entfuhr es ihm. Rufus schüttelte unwillig den Kopf. Pferde sind Fluchttiere – und sie scheuen das Feuer. Der Brandgeruch, der mit dem Wind über den Fluss getragen wurde, machte den Hengst nervös. Martin wurde bleich. Ein ganzes Dorf ausgelöscht, ein anderes offenbar auf …
Ende der Leseprobe
Hier gibt es das ganze Buch zu kaufen:
Martin von Wengland tredition-Verlag
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Hypothetische Besetzungsliste Martin von Wengland
Wie schon bei Brennender Himmel habe ich auch für die Charaktere in Martin von Wengland meine Vorstellungen, welche Schauspieler sie – theoretisch – spielen könnten. Kein Produzent auf dieser Welt würde mir diesen Cast bezahlen … Den letzten Anstoß für die Besetzung gab mir Pirates of the Caribbean – Salazars Rache. Mit Brenton Thwaites als Henry Turner, Sohn von Will und Elizabeth Turner, haben die Casting-Verantwortlichen jemanden gefunden, der beiden ähnlich genug sieht, um als deren Sohn durchzugehen, auch wenn es alterstechnisch nicht hundertprozentig passt – was allerdings hauptsächlich daran liegt, dass ausgerechnet den Mitgliedern Familie Turner konkrete Lebensalter ins Drehbuch geschrieben wurden, die mit denen ihrer Darsteller in keinem Fall zusammenpassen. Orlando Bloom ist tatsächlich sechs Jahre älter als seine Figur Will Turner; nahezu dasselbe gilt für Brenton Thwaites alias Henry Turner. Keira Knightley ist zwei Jahre jünger als die von ihr gespielte Figur und Kaya Scodelario, die nach gegenwärtigem Stand wohl Henrys Frau werden könnte, ist vier Jahre älter als die von ihr gespielte Carina Smyth-Barbossa.
Brenton Thwaites ist mir im Mai 2014 erstmals als Prinz Phillip in Maleficent begegnet. Schon zu der Zeit hatte ich den Eindruck, dass er sich als Martin gut machen würde. Aber als ich ihn als Film-Sohn meines Lieblings Orlando Bloom gesehen habe, war endgültig klar: Das ist mein Martin! Die häufig vorkommende Ansicht Dritter in den Geschichten, in denen Balian Roland von Ibelin und Martin von Wengland zusammen vorkommen, Martin könne Balian Rolands Sohn sein (was der stets dementiert, weil er der Sohn seiner Schwester ist), passt bei dieser Konstellation wie die Faust aufs Auge. Seht euch Pirates of the Caribbean – Salazars Rache an und ihr werdet mir Recht geben …
Aus Pirates of the Caribbean – Salazars Rache habe ich auch Lewis McGowan, der dort den zwölfjährigen Henry spielt und problemlos als Jean-Raymond, als älterer Sohn der Familie Ibelin, durchgeht. Und Flynn Bloom-Kerr ist nun mal tatsächlich Orlando Blooms Sohn (allerdings noch ohne Schauspielambitionen …).
Mit diesem Film habe ich auch meine Prinzessin Regina gefunden: Kaya Scodelario, die Henrys Freundin (künftige Frau?) Carina spielt. Regina ist wohl nicht so handfest wie Carina, aber Kaya und Brenton passen gut zusammen. Und deshalb sind sie meine Vorstellung von Regina und Martin.
Wie gesagt: Das würde mir kein Produzent bezahlen wollen … Das wäre einfach nur teuer.
Rolle |
Darsteller(in) |
Martin von Wengland | Brenton Thwaites |
Roland von Ibelin-Hirschfeld | Orlando Bloom |
Gaëlle von Ibelin-Hirschfeld | Eva Green |
Maria von Wengland | Samantha Bloom |
Pierre von Krummenfeld | Peter Cant |
Alain von Rolandsmühl | Velibor Topic |
Peter von Limmenfels | Tom Hiddleston |
Heinrich von Scharfenburg | Chris Hemsworth |
Simon von Scharfenburg | Liam Hemsworth |
Richard von Rebmark | Marton Csokas |
Michel, Alains Stellvertreter | Michael Shaffer |
Bertram von Ermeldorf | Götz Otto |
Raimund von Löwenstein | Jason Isaacs |
Bruder Wenzel von Löwenstein | David Thewlis |
Ludwig von Scharfenburg | Viggo Mortensen |
Havarik von Wilzarien | Javier Bardem |
Rudolf von Wengland/Owan Aldaron | Leonardo DiCaprio |
Mathieu von Rolandsmühl | Freddie Highmore |
Georg von Bärenfels (Ex-Templer) | Matthew Rutherford |
Volker von Skarpenborn | Alfie Allen |
Aribert von Karlsfeld | Nikolaj Coster-Waldau |
Alwin von Falkenstein | Ken Stott |
Fridolin von Rossensee | Daniel Craig |
Volker von Wutzbach | Sam Claflin |
Regina von Scharfenburg | Kaya Scodelario |
Sophie, ihre Leibdienerin | Lucinda Drzizek |
Bischof Bartholomäus von Wachtelberg | Jonathan Pryce |
Eckart von Ginsterborn | Hugh Jackman |
Ramses, Steinmetz und Bademeister | Jamie Foxx |
Jean-Raymond von Ibelin-Hirschfeld | Lewis McGowan |
Balian von Ibelin-Hirschfeld | Flynn Bloom-Kerr |
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